Einstweilige Verfügung
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Version vom 21:54, 17. Nov. 2008
Vorläufige gerichtliche Regelung eines Rechtsstreits in angeblich dringlichen Fällen.
Auf Antrag erlässt ein Gericht eine einstweilige Verfügung, mit der etwa ein Unterlassungsanspruch vorläufig zugesprochen und mit Ordnungsmitteln vollstreckt werden kann.
Inhaltsverzeichnis |
Verfahren
keine Beweise erforderlich
Das angerufene Gericht entscheidet allein aufgrund der Behauptungen der Anspruchstellers. Dieser muss seine Lügen nicht beweisen, sondern nur glaubhaft machen.
Eilbedürftigkeit
Der Anspruchsteller muss schlüssig darlegen, dass er es eilig hat, weil Wiederholungsgefahr bzw. Erstbegehungsgefahr vorliegt.
Einstweilige Verfügungen sind nur innerhalb von Ausschlussfristen zulässig, da man es andernfalls nicht wirklich eilig hat.
Überrumpelung
Der Inanspruchgenomme erfährt meistens erstmals bei der Zustellung einer Unterlassungsverfügung, dass gegen ihn gerichtlich vorgegangen wurde. Er wird normalerweise vom Gericht vor Erlass der Verfügung nicht angehört. Neben der Verpflichtung bekommt er gleich auch noch einen Vollstreckungstitel bzgl. der Kosten präsentiert, denn er begleichen darf.
Kritik
kaum rechtliche Prüfung
In konventionellen Rechtsstreiten werden Anträgen auf Erlass einer einstweilige Verfügung nur mit äußerster Zurückhaltung stattgegeben, da hier jemand in Anspruch genommen wird, der sich im Vorfeld nicht wehren kann und keine Beweise für die hierzu erforderlichen Lügen erhoben werden.
Im Äußerungsrecht jedoch werden entsprechende Anträge einfach durchgewinkt. Medienanwälte neigen zum Missbrauch der prozessualen Erleichterungen und lügen dem Gericht die Hucke voll, gerne auch mit vollmundigen anwaltlichen oder fadenscheinigen eidesstattlichen Versicherungen. Seltsamerweise ziehen derartige Straftaten selten nennenswerte strafrechtliche Folgen nach sich.
vollstreckbarer Kostentitel aus heiterem Himmel
Der Verfügungspflichtige muss nicht nur vorläufig eine Kröte schlucken, sondern auch Kröten verteilen, denn ihm wird sogar ein vollstreckbarer Kostentitel für Anwalts- und Gerichtskosten präsentiert sowie das Risiko, bei Verstößen gegen den Tenor mit Ordnungsmitteln behelligt zu werden.
Wird der Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst abgelehnt, dann aber dem Anspruch in der Berufung stattgegeben, so wird der Betroffene mit den kompletten Prozesskosten zweier Instanzen belastet, obwohl er hiervon gar nichts wusste.
Geheimjustiz
Die einstweilige Verfügung läuft anders als eine Klage komplett im Geheimen ab. Was mündlich zwischen den Medienanwälten und Richtern läuft, etwa telefonisch, wird nirgends dokumentiert. Wird ein Antrag abgelehnt, so erfährt der Betroffene normalerweise nie von seinem Glück.
74 Chancen
Anders als bei konventionellen Klagen kann eine einstweilige Verfügung nacheinander oder sogar gleichzeitig bei unterschiedlichen Gerichten beantragt werden. Der Antragsteller hat damit bis zu 74 Schüsse frei, um einen wohlgesonnenen Richter zu finden, während er als konventioneller Kläger nur ein einziges Mal klagen dürfte.
Phantomkläger
Man kann mit Ansprüchen und damit mit Prozesskosten von Phantomklägern belastet werden, die es gar nicht gibt, z.B. nicht existierende oder vermögenslose GmbHs. Stellt sich später heraus, dass die einstweilige Verfügung rechtswidrig war, bleibt man mangels echtem Gegner auf den Kosten sitzen.
Gegenmaßnahmen
Ist mit einer einstweiligen Verfügung zu rechnen - etwa nach Abmahnung - so kann eine Schutzschrift hinterlegt werden, um dem Gericht vor der Entscheidung die eigene Sicht darzulegen.
Besteht Aussicht darauf, die Lügen des Antragstellers und Glaubhaftmachung derselben zu entkräften oder liegen evidente Rechtsfehler vor, kann die einstweilige Verfügung durch ein Widerspruchsverfahren aufgehoben werden. Werden lediglich Wertungen des Gerichts angegriffen, bestehen wenig Erfolgsaussichten auf Eigenkorrektur des Gerichts.
Daneben kann der Antragsteller zu Klage in der Hauptsache aufgefordert werden.
Weblinks
- Wie weit Gerichte gehen, um eine evident rechtswidrige einstweilige Verfügung aufrecht zu erhalten, siehe Das Landgericht Köln und das Geheimnis der E-Mails