Lebach-Entscheidung I
Aus Buskeismus
Eine von den Zensuranwälten und Zensurrichtern gern genutzte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, um die namentliche Nennung von Tätern zu verbieten. Dabei wird häufig die Spezifik dieser BVerfG-Entscheidung - die damalige gesellschaftliche Ablehnung der Bevölkerung gegenüber Homosexuellen - übersehen, sowie die Lebach-Entscheidung II verschwiegen, welche jedoch es nicht mit der namentlichen Nennung, sondern mit der Identifizierbarkeit zu tun hatte.
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[bearbeiten] Begriff
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Resozialisierungsinteresses gegenüber der Film- und Rundfunkfreiheit
1 BvR 536/72 v. 5. Juni 1973 - verhandelt am 2. und 3.Mai 1973 - Lebach-Urteil I (Lebachurteil I) - Urteil
Das ZDF produzierte Anfang 1972 ein Dokumentar-Fernsehspiel über den "Lebach-Mord", in dem die drei Täter im Bild gezeigt und wiederholt namentlich genannt wurden. Gegen die Ausstrahlung setzte sich damals [1972] ein Tatbeteiligter - er hatte bei der Tatausführung nicht mitgewirkt - kurz vor der Haftentlassung mit einer Unterlassungsklage zur Wehr. Nachdem er mit seinem Unterlassungsbegehren zunächst vor den Zivilgerichten gescheitert war, untersagte das Bundesverfassungsgericht 1973 dem ZDF die Ausstrahlung des Fernsehspiels. 1 BvR 536/72 v. 2. und 3.Mai 1973
Die Entscheidung betraf die Abwägung zwischen der Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, welches den Anspruch auf Resozialisierung stark wichtet.
Die homosexuelle Komponente spielte bei dem Verbot und dem Anspruch auf Resozialisierung eine Rolle. Im Urteil heißt es: Beim Beschwerdeführer komme zur Darstellung der Tat noch die seiner Homosexualität hinzu. Die Abwehr gegen dieses Sexualverhalten sei in der Öffentlichkeit noch sehr stark.
[bearbeiten] Tatbestand
Im Januar 1969 wurden bei einem Überfall auf ein Munitionsdepot der Bundeswehr in Lebach vier Soldaten brutal getötet, ein weiterer wurde schwer verletzt. Die Tat war von drei Jugendlichen begangen worden, die der Bundeswehr angehörten und homosexuell waren. Die Täter wurden rasch gefaßt und verurteilt. Der Fall erregte seinerzeit bundesweit großes Aufsehen.
Der 1945 geborene Beschwerdeführer war an einer schweren Straftat, dem sog. Soldatenmord von Lebach, beteiligt, die Gegenstand eines Schwurgerichtsverfahrens war. Die beiden Haupttäter waren untereinander und mit dem Beschwerdeführer befreundet, wobei die Beziehungen zum Teil eine homosexuelle Komponente hatten. Die drei jungen Männer strebten die Gründung einer Lebensgemeinschaft außerhalb der von ihnen abgelehnten Gesellschaft an. Sie planten einen Überfall auf ein Munitionsdepot der Bundeswehr, um Waffen zu erbeuten, mit deren Hilfe sie sich durch weitere Straftaten die Mittel zur Verwirklichung des erträumten Lebens auf einer Hochseeyacht in der Südsee verschaffen wollten. Im Januar 1969 führten die beiden Haupttäter den Überfall aus; sie töteten hierbei vier schlafende Soldaten der Wachmannschaft, verletzten einen weiteren schwer und entwendeten Waffen und Munition. Später versuchten sie, unter Hinweis auf diese Tat einen Finanzmakler zu erpressen. Der Beschwerdeführer hatte bei den Planungen der Freundesgruppe immer wieder erklärt, er sei zur Tatausführung nicht imstande; daher hatte er bei dem Überfall nicht mitgewirkt.
Das Schwurgericht verurteilte am 7. August 1970 die beiden Haupttäter zu lebenslangen Freiheitsstrafen, den Beschwerdeführer wegen Beihilfe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren. Es sah eine strafbare Beihilfe des Beschwerdeführers zu den Tötungsdelikten darin, daß er einem der Haupttäter die Handhabung der Pistole erläutert hatte, die dieser später bei dem Überfall benutzte, eine Beihilfe zur versuchten Erpressung in der Billigung des an den Finanzmakler gesandten Briefes. Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Schwurgericht zugunsten des bis dahin nicht vorbestraften Beschwerdeführers, daß er eher Mitläufer als treibende Kraft des Unternehmens und sein Tatbeitrag wie das Maß seiner Schuld im Verhältnis zu den Haupttätern gering gewesen sei; er habe durch Bekanntgabe des Waffenverstecks wesentlich zur Aufklärung des Verbrechens beigetragen, sei in vielen Punkten geständig gewesen und bereue offensichtlich sein eigenes Unrecht und das gesamte Tatgeschehen. Auch ergäben sich aus seinem Vorleben, seiner unselbständigen, gehemmten Persönlichkeit und der irrational begründeten gefühlsbestimmten Abhängigkeit von einem der Haupttäter Milderungsgründe. Die Strafe sei in der verhängten Höhe notwendig, um im günstigen Sinne auf ihn einzuwirken, und geeignet, ihn von künftigen Rechtsbrüchen abzuhalten.
Der Beschwerdeführer hat inzwischen fast zwei Drittel seiner Strafe verbüßt; die Vollstreckung der Reststrafe wird voraussichtlich im Juli dieses Jahres gemäß § 26 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Er beabsichtigt, in seine Heimatstadt zurückzukehren.