Lüth-Urteil
Aus Buskeismus
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[bearbeiten] Lüth-Urteil des BVerfG
BVerfG-Urteil 1 BvG 400/51 vom 15.01.1958
[bearbeiten] Leitsätze
1. Die Grundrechte sind in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat; in den Grundrechtsbestimmungen des Grundgesetzes verkörpert sich aber auch eine objektive Wertordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt.
2. Im bürgerlichen Recht entfaltet sich der Rechtsgehalt der Grundrechte mittelbar durch die privatrechtlichen Vorschriften. Er ergreift vor allem Bestimmungen zwingenden Charakters und ist für den Richter besonders realisierbar durch die Generalklauseln.
3. Der Zivilrichter kann durch sein Urteil Grundrechte verletzen (§ 90 BVerfGG), wenn er die Einwirkung der Grundrechte auf das bürgerliche Recht verkennt. Das Bundesverfassungsgericht prüft zivilgerichtliche Urteile nur auf solche Verletzungen von Grundrechten, nicht allgemein auf Rechtsfehler nach.
4. Auch zivilrechtliche Vorschriften können "allgemeine Gesetze" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG sein und so das Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung beschränken.
5. Die "allgemeinen Gesetze" müssen im Lichte der besonderen Bedeutung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung für den freiheitlichen demokratischen Staat ausgelegt werden.
6. Das Grundrecht des Art.5 GG schützt nicht nur das Äußern einer Meinung als solches, sondern auch das geistige Wirken durch die Meinungsäußerung.
7. Eine Meinungsäußerung, die eine Aufforderung zum Boykott enthält, verstößt nicht notwendig gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 BGB; sie kann bei Abwägung aller Umstände des Falles durch die Freiheit der Meinungsäußerung verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein.
[bearbeiten] Kommentierung zum Lüth-Urteil
Das Problem der Einschränkung der Meinungsfreiheit durch einfache Gesetze hat das Bundesverfassungsgericht früh erkannt und in einem seiner ersten Entscheidungen grundsätzlich geklärt. Hintergrund der sogenannten Lüth Entscheidung 1 BvG 400/51 vom 15.01.1958 war ein Boykottaufruf gegen den Nazihetzer Veit Harlan (Regisseur des Filmes „Jud Süß“). Dieser hatte gegen den Hamburger Regierungsdirektor Lüth geklagt, weil dieser dazu aufgerufen hatte, einen neuen Film von ihm zu boykottieren. Ein Boykottaufruf wird regelmäßig von der Rechtsprechung als eine sogenannte vorsätzliche sittenwidrige Schädigung behandelt. Das Hamburger Landgericht und Oberlandesgericht haben daher Art. 5 GG wie folgt geprüft: Es hat zunächst einige grundlegende Ausführungen zur Bedeutung der Meinungs-freiheit gemacht und dabei ausgeführt:
„Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt und für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist“ Das Problem der Einschränkung der Grundrechte durch einfache Gesetze hat das Bundes-verfassungsgericht wie folgt gelöst:
„Die allgemeinen Gesetze müssen in ihrer das Grundrecht beschränkenden Wirkung ihrerseits im Lichte der Bedeutung dieses Grundrechts gesehen und so interpretiert werden, daß der besondere Wertgehalt dieses Rechts, der in der freiheitlichen Demokratie zu einer grundsätzlichen Vermutung für die Freiheit der Rede in allen Bereichen, namentlich aber im öffentlichen Leben, führen muß, auf jeden Fall gewahrt bleibt. Die gegenseitige Beziehung zwischen Grundrecht und "allgemeinem Gesetz" ist also nicht als einseitige Beschränkung der Geltungskraft des Grundrechts durch die "allgemeinen Gesetze" aufzufassen; es findet vielmehr eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, daß die "allgemeinen Gesetze" zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Schranken setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlichen demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen.“ Seit dieser Zeit leben wir also damit, dass Gesetze, welche die Meinungsfreiheit einschränken, im Lichte der Meinungsfreiheit interpretiert werden müssen. Man kann sehen, dass logisch gesehen hier ein erhebliches Maß an Voluntarismus entsteht. Denn wie die einfachen Gesetze im Lichte der Meinungsfreiheit zu interpretieren sind, ist letztlich auch den Gerichten überlassen. Das Persönlichkeitsrecht Art 2. Abs. 1 GG:
„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“ Durch die Rechtsprechung ist entwickelt, dass das Persönlichkeitsrecht auch zivilrechtlich geschützt ist. Allerdings gibt das Persönlichkeitsrecht nie einen Anspruch darauf, dass andere einen so sehen, wie man selbst gesehen werden will. Oder wie die Gerichte sagen:
„Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt“
Auch hier also steht immer eine Abwägung im Raum, deren Grundsätze nicht gesetzlich festgeschrieben sind. (Quelle. Rechtsanwalt Eberhard Reinecke)
[bearbeiten] Bedeutung
In der Lüth-Entscheidung nahm das Bundesverfassungsgericht 1958 erstmals Stellung zur Wirkung der Grundrechte im Verhältnis der Privatleute zueinander. Ursprünglich waren die Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat konzipiert worden. Sie sind jedoch auch bei der Rechtsauslegung in privatrechtlichen Streiten zu beachten. In Betracht kam vorliegend das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, das wie stets vom Landgericht Hamburg verkannt wurde.
Mit dieser Herangehensweise hat das BVerfG-Gericht der Willkür der Richter*innen an den s.g. Presselkammern freien Lauf ggeben. Die Richter'Richterinnen erhielten damit das Recht auf den Wege von privatenen Auseinandersetzungn de facto Gesetze in Form von Urteilen zu formulieren. ASus den viele äußerungsrechtlöichen Urteuile entstanden die Zensurregeln, die Gesetzeskraft erhielten.