27 O 61/11 - 17.05.2011 - DDR-Stasi-Aufarbeitung an der verkehrten Stelle

Aus Buskeismus

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[bearbeiten] Corpus Delicti

Im vorliegenden Fall klagt Frau Vera Lengsfeld gegen Frau Dr. Johanna Vogel. Es geht dabei um die Verwendung von Material aus den Stasiakten im Buch der Beklagten "Die Auflehnung des Miguel C. Eine Spurensuche auf drei Kontinenten" und um dessen Bewertung. Darf der Eindruck erzeugt werden, dass Frau Lengsfeld als Siebzehjährige aktiv der Stasi in einem Fall zugearbeitet hat.

Inhaltsverzeichnis

BUSKEISMUS


BERICHT


[bearbeiten] Vera Lengsfeld vs. Dr. Johanna Vogel

17.05.11: LG Berlin 27 O 61/11


[bearbeiten] Richter

Richter am Landgericht als Vorsitzender: Herr Dr. Himmer
Richterin am Landgericht: Frau Hückstädt-Sourial
Richter am Amtsgericht: Herr Dr. Hagemeister

[bearbeiten] Die Parteien

Antragsteller-/Klägerseite: Kanzlei Raue LLP; RA Prof. Dr. Hegemann und die Klägerin selbst
Antragsgegner-/Beklagtenseite: Kanzlei Schultz und Kollegen; RA Schultz und die Beklagte selbst


[bearbeiten] Notizen der Pseudoöffentlichkeit

17.05.11: Berichterstatter der Pseudoöffentlichkeit: Achim Sander und Rolf Schälike

Vorsitzender Richter Herr Dr. Himmer: Ist zwischen den Parteien auch eine gütliche Einigung möglich? Wurde das von den Parteien jemals angedacht? Waren da Gedanken auf der Beklagtenseite? Wie immer am Anfang der Verhandlung die Frage nach der Möglichkeit einer gütlichen Einigung. Denkbar ist viel, aber in dieser Kammer leider etwas ungewöhnlich.

Antragsgegner-/Beklagtenanwalt Schultz: Wir haben das mal überlegt. Wir wollen der Weisheit des Gerichts nicht vorgreifen.

Beklagte Dr. Vogel: Ich kann mit reinsetzen, dass sie erst 17 Jahre alt war.

Vorsitzender Richter Herr Dr. Himmer: Bei der nächsten Auflage oder …?

Antragsgegner-/Beklagtenanwalt Schultz: Ich weiß nicht, ob das für die Gegenseite …

Antragsteller-/Klägeranwalt Prof. Dr. Hegemann: Nein.

Vorsitzender Richter Herr Dr. Himmer: Wir haben in der Kammer in der Tendenz keine großen Probleme. Vorbehaltlich einer Beratung würde es keinen Erfolg haben. Die Klägerin hat eben nicht mit der Stasi zusammengearbeitet. Dann bleibt noch die Frage, ob das eine Meinungsäußerung der Beklagten ist.

Antragsteller-/Klägeranwalt Prof. Dr. Hegemann: Zu Punkt Eins: Das ergibt aus dem Schutzanspruch. Zu Punkt Zwei: Ich kann ihnen da nicht folgen, dass das noch unter Meinungsfreiheit geht. Der gesamte Duktus … „Vera Lengsfeld berichtet …“ Es war eine Aussage. Man muss vorsichtig sein, dass man nicht sein eigenes Denken mit einbringt. Wenn geschrieben wird „berichtet“, dann denkt der Leser an aktive Mitarbeit. Oder auch die Wortwahl „zutragen“ zwingt den Leser geradezu zu denken, dass Frau Lengsfeld von sich aus bereitwillig mit der Stasi kooperierte. Sie war eine minderjährige Schülerin, gerade mal 17 Jahre alt. Dann wird es Mike Welt gegenübergestellt, der sich in vergleichbarer Situation anders verhalten hätte. – Der war gar nicht in einer vergleichbaren Situation. Es ist hier der Gesamttext … Wenn sie der Auffassung sind, dass der eine oder andere Satz … aber der Duktus der Gesamtpassage …

Klägerin Lengsfeld: Die Schwierigkeit ist, dass man sich die gesamte damalige Situation heute gar nicht mehr vorstellen kann. Es waren da zwei erfahrene Vernehmer, die vier Jahre Verhörtechnik studiert haben. Das war keine Plauderei. Natürlich ist die Passage geschrieben worden, um den Eindruck zu erwecken, dass ich …Der Operativvorgang wurde zehn Tage vorher angelegt. Ich kann also nicht diesen Operativvorgang angestoßen haben. Es ist ein Bericht über eine Aussprache, einem Verhör. Dieser Bericht ist ein internes Papier eines Stasiopfers, kein Verhörprotokoll. Die Verteidigung geht aber in ihrer Argumentation davon aus, der Bericht wäre wahr. [] Die Geschichte hatte einen Vorlauf. Ich bin denunziert worden von einer Schülerin, die „gesellschaftliche Mitarbeiter“ der Stasi war, die von unserem Partybesuch wusste, in der Wohnung von Miguel. Im Bericht steht die genaue Adresse mit Stockwerk. Von uns konnten diese Angaben nicht sein. Ich gehöre zu denen, die dieses Stasiunterlagengesetz entwickelt haben … in einer Gruppe von sieben Abgeordneten … dafür waren Verbündete im Parlament nötig … und die wurden auch gefunden. Was wir mit dem Gesetz nie wollten war, dass die Akten gegen die Betroffenen eingesetzt werden. [] Man kann auf keinen Fall das, was die Stasi schreibt, als Wahrheit nehmen. Ich hatte dieses eine Verhör, gegen das ich mich nicht wehren konnte, das ich erleiden musste – sonst nichts. Ich habe von Telefonnummern nie Gebrauch gemacht.

Antragsgegner-/Beklagtenanwalt Schultz: Wir sind hier ja nicht beim Fernsehgericht. Zum Punkt Durchschnittsleser: Das halte ich für eine verfehlte Interpretation. Das kann völlig neutral verstanden werden. Hier wird die Bedeutung der Meinungsfreiheit verkannt. Sie hat bestimmte Passagen gar nicht zitiert. Dass die Klägerin davon erfahren hat ist doch, weil meine Mandantin sie darauf angesprochen hat. Es ist doch absurd, zu denken, dass sie den Namen Lengsfeld zur Auflagensteigerung etc. nutzen will. Sie selbst hat darüber berichtet und sich dadurch des Schutzes begeben. Daher darf meine Mandantin dann auch darüber berichten. Die Beklagte hat nie behauptet, dass der Operativplan nur durch den Bericht der Klägerin zustande kam. [] Damals hatte ich, wohnhaft im Westen, Kontakt zu Jugendlichen im Osten. Die sagten, dass sie der Stasi nicht antworteten.

Beklagte Dr. Vogel: Das ist eine parallele Sache … enge Zusammenarbeit von Stasi und Schule. Miguel ist von der Schule geflogen, zwei Andere aber haben Rede und Antwort gestanden und damit ihr Abitur gerettet. Frau Lengsfeld hat sicher eine Entwicklung durchgemacht, nur damals nicht.

Antragsteller-/Klägeranwalt Prof. Dr. Hegemann: Sie zitieren einen Operativbericht, dessen Publizierung untersagt war. Spätestens seit der Abmahnung wussten sie, dass Frau Lengsfeld erst 17 Jahre alt war. Auch die Einordnung als Meinungsäußerung kann es nicht verwehren, dass der Antrag zu Zwei Erfolg hat. Der Fall Miguel in allen Ehren, der liegt aber anders. Sie spitzen die Dinge zu. Man kann durch ihre Gegenüberstellung nur schließen: Miguel lehnt eine Spitzelarbeit ab – die zwei Mädchen nicht.

Klägerin Lengsfeld: „Denunziation“ – nein, sie nutzten es selber. Ich habe nur bekannte Tatsachen bestätigt. Ich bin verhört worden, war doch aber nicht für die Stasi tätig! Ich habe niemandes Vertrauen erschlichen.

Antragsgegner-/Beklagtenanwalt Schultz: Das ist Rabulistik und falsch.

Beklagte Dr. Vogel: Ich habe ein Buch geschrieben über meinen Adoptivsohn, der 14 Tage später in Westberlin gelandet ist und nicht wusste wohin. Er hat die DDR als Linker kritisiert. Ich habe einfach die Stasiakten, die mir besonders aufgefallen sind, dokumentarisch veröffentlicht.

Vorsitzender Richter Herr Dr. Himmer: Gut. Wir werden beraten und anschleißend entscheiden.

Am Ende des Verhandlungstages wurde bekanntgegeben, dass einem Antrag stattgegeben und ein anderer Antrag abgelehnt wurde.

[bearbeiten] Urteil 27 O 61/11

Urteil 27 O 61/11 vom 17.05.2011

Urteilstenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
"Die genannten Genossen stellten sich als Mitarbeiter des MfS vor. Den Schülerinnen wurde dargelegt, dass durch eine Schülerin der Klasse ein Genosse unseres Organs mit der Bitte um einen Rat angesprochen wurde. Es geht bei der Gelegenheit um die Party, an der die genannten Schülerinnen teilgenommen haben. Die ••••• erwiderte daraufhin, dass sie wisse worum es geht, und dass diese. Information wahrscheinlich von ihrer Freundin kommt, mit der sie über diese Angelegenheit gesprochen hat.
Die Schülerinnen berichteten:
Am 09.03.70 gegen 22.30 Uhr wurden sie, nach einer Schulversammlung, vor der ••••• - ••••• -Bar von einer Gruppe Jugendlicher angesprochen. Es handelte sich dabei um 4 männliche und 2 weibliche Jugendliche. Von diesen Jugendlichen wurden sie zuerst in ein allgemeines Gespräch verwickelt und dann zu einer Party eingeladen. Nachdem sie zuerst ablehnten und sich bereits auf dem Nachhauseweg befanden, ließen sie sich von einem der Jugendlichen doch zum Mitkommen überreden. Sie begaben sich in die Wohnung des ••••• , die sich in der ••••• , in der 1. Etage befindet. Ein Mädchen, genannt Anne, sei nach Hause gegangen, um später wieder zu kommen. Der ••••• berichtete, dass er öfter solche Partys gebe, aber seine Eltern nichts davon erfahren dürfen. Während der Party hatte einer der Jugendlichen, genannt ••••• , eine Broschüre " ••••• - und ••••• 11 aus seinem Gepäck geholt. (Der ••••• soll aus Rostock stammen. und nur zufällig an der Party teilnehmen.) Der ••••• soll diese Broschüre, deren Verfasser ••••• ist, (genommen) und daraus zitiert haben. (U,a. Ballade über die "Stasi".) Der Art des Auswählens der Zitate nach war zu urteilen, dass der ••••• diese Broschüre bereits kennt. Er zitierte aus dieser Broschüre fanatisch und mit voller Hingabe. Anschließend diskutierte der ••••• ziemlich heftig mit der ••••• , da diese von ihrer Absicht berichtete, Marxismus-Leninismus zu studieren... .
Die ••••• machte gegenüber dem ••••• die Bemerkung, dass sie ihn bereits kenne. Der M. nahm die L daraufhin zur Seite und fragte sie nach ihren Kenntnissen über seine Person aus. Als die ••••• daraufhin den Namen "GRENZDÖRFER" nannte, beriet sich der ••••• mit einem der Jugendlichen, der dem ••••• hörig zu sein scheint und "Adjutant" genannt wird. Sie schienen am Ende doch einigermaßen beruhigt.
In der weiteren Diskussion machte einer der Jugendlichen, der von Beruf Dekorateur und ein "Frauentyp" sein soll gegenüber den Schülerinnen folgende Bemerkungen: "In der DDR ist alles Scheißei" Weiterhin bemerkte er, auf Grund der positiven Haltung der Schülerinnen, sehr überzeugt: "Wenn ihr längere Zeit bei uns wart, würden wir euch auch dazu bringen, dass ihr Flugblätter streut."
Diesen Jugendlichen trafen die SchOlerinnen später noch zweimal wieder. wo er zum ersten . berichtete, dass der ••••• "abhauen" will, und beim 2. Mal. als er das SED Abzeichen der Mathes sah, entgegnete: "Das wirkt auf mich wie ein rotes Tuch", und anschließend ohne Gruß verschwand. Während der Party trug dieser Jugendliche ein MAO-Abzeichen. Der Aufenthalt der Schülerinnen in der Wohnung des ••••• dauerte ca. 45 Minuten. Als die Schülerinnen äußerten. dass sie noch einmal Kontakt zu diesen Jugendlichen aufnehmen wollten, wurde ihnen eine entsprechende Verhaltenslinie gegeben. Den Schülerinnen wurde die Nr. 20 11 91 unserer Dienstelle, sowie die Namen ••••• und ••••• , gegeben, wo sie sich dann telefoniSCh melden können.
••••• , Unterleutnant
Nachsatz:
"Durch die genannten Schülerinnen wurde noch bekannt, dass sich in der Wohnung des ••••• des öfteren Jugendliche (teilweise aus der Republik) zu Partys zusammen finden. Von einem der Jugendlichen erfuhren die Mädchen, dass sich die Gruppe "Club der Harmlosen" nennen soll."
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben,
4. Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungsausspruches gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.

[bearbeiten] Kommentar

So sollte die Aufarbeitung des DDR-Spitzelstaates nicht aussehen. Der eine schweigt, der andere spricht, der eine ist 17, der andere 60. Das ist zu einfach.

So kann man aus der Geschichte nicht lernen, und garantiert die Wiederholung längst bekannter Fehler und Verbrechen.

Die Zensurkammern in Hamburg und Berlin spielen bei der Geschichtsaufarbeitung eher eine negative Rolle.

[bearbeiten] Wichtiger Hinweis

Für diesen Bericht gilt, was für alle Berichte gilt: Alles, was in den Berichten steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen können die Berichterstatter nichts; geurteilt nach den strengen Regeln der Zensurkammern, sind die Recherchen der Berichterstatter erbärmlich. Was in den Berichten in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft wird eine falsche Zeichensetzung verwendet. Dafür haben schon mehrere Berichterstatter in Deutschland Heute gesessen. Die Berichterstatter möchten für ihre mangelnde Kenntnis der Grammatik und Syntax bzw. deren nicht exakte Anwendung nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf den während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen können die Berichterstatter als Pseudoöffentlichkeit nichts. Auch Zeugen gibt es keine. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben Besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung besitzen die Berichterstatter von der Pseudoöffentlichkeit nicht. Es handelt sich lediglich um Verschwörungstheorien.

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