Meinungsfreiheit
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+ | ==Problem der Einschränkung der Meinungsfreiheit durch einfache Gesetze== | ||
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+ | *Lüth Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes | ||
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+ | Das Problem der Einschränkung der Meinungsfreiheit durch einfache Gesetze hat das Bundesverfassungsgericht früh erkannt und in einem seiner ersten Entscheidungen grundsätzlich geklärt. Hintergrund der sogenannten Lüth Entscheidung [https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1958/01/rs19580115_1bvr040051.html 1 BvG 400/51] vom 15.01.1958 war ein Boykottaufruf gegen den Nazihetzer Veit Harlan (Regisseur des Filmes „Jud Süß“). Dieser hatte gegen den Hamburger Regierungsdirektor Lüth geklagt, weil dieser dazu aufgerufen hatte, einen neuen Film von ihm zu boykottieren. Ein Boykottaufruf wird regelmäßig von der Rechtsprechung als eine sogenannte vorsätzliche sittenwidrige Schädigung behandelt. Das Hamburger Landgericht und Oberlandesgericht haben daher Art. 5 GG wie folgt geprüft: Es hat zunächst einige grundlegende Ausführungen zur Bedeutung der Meinungs-freiheit gemacht und dabei ausgeführt: | ||
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+ | „Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt und für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist“ | ||
+ | Das Problem der Einschränkung der Grundrechte durch einfache Gesetze hat das Bundes-verfassungsgericht wie folgt gelöst: | ||
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+ | „Die allgemeinen Gesetze müssen in ihrer das Grundrecht beschränkenden Wirkung ihrerseits im Lichte der Bedeutung dieses Grundrechts gesehen und so interpretiert werden, daß der besondere Wertgehalt dieses Rechts, der in der freiheitlichen Demokratie zu einer grundsätzlichen Vermutung für die Freiheit der Rede in allen Bereichen, namentlich aber im öffentlichen Leben, führen muß, auf jeden Fall gewahrt bleibt. Die gegenseitige Beziehung zwischen Grundrecht und "allgemeinem Gesetz" ist also nicht als einseitige Beschränkung der Geltungskraft des Grundrechts durch die "allgemeinen Gesetze" aufzufassen; es findet vielmehr eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, daß die "allgemeinen Gesetze" zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Schranken setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlichen demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen.“ | ||
+ | Seit dieser Zeit leben wir also damit, dass Gesetze, welche die Meinungsfreiheit einschränken, im Lichte der Meinungsfreiheit interpretiert werden müssen. Man kann sehen, dass logisch gesehen hier ein erhebliches Maß an Voluntarismus entsteht. Denn wie die einfachen Gesetze im Lichte der Meinungsfreiheit zu interpretieren sind, ist letztlich auch den Gerichten überlassen. | ||
+ | Das Persönlichkeitsrecht Art 2. Abs. 1 GG: | ||
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+ | „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“ | ||
+ | Durch die Rechtsprechung ist entwickelt, dass das Persönlichkeitsrecht auch zivilrechtlich geschützt ist. Allerdings gibt das Persönlichkeitsrecht nie einen Anspruch darauf, dass andere einen so sehen, wie man selbst gesehen werden will. Oder wie die Gerichte sagen: | ||
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+ | „Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt“ | ||
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+ | Auch hier also steht immer eine Abwägung im Raum, deren Grundsätze nicht gesetzlich festgeschrieben sind. | ||
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==Unsicherheit durch Abwägung== | ==Unsicherheit durch Abwägung== |
Version vom 23:33, 23. Feb. 2020
| BUSKEISMUS | |
Meinungsfreiheit
Jedermann hat die durch Menschenrechte verbriefte Freiheit auf eine eigene Meinung.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist es allerdings, dass man seine Meinung auch öffentlich äußern dürfte. Dieser Irrtum wird durch Art. 5 Abs. 1 GG genährt, der das Recht suggeriert, man dürfe seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei äußern und verbreiten.
Meinungsfreiheit kann allerdings mit anderen Grundrechten in Konflikt geraten, was zum Äußerungsverbot führen kann. Die meistenn rechtlichen Auseinadersetzungen betreffen die durch das Grundgesetz ebenfalls geschützten Persönlichkeitsrechte, welche durch Meinungsäußerungen verletzet werden können. Zwischen diesen Grundrechten wird allen juristischen Streitigkeiten gestritten und diese werden gegeneinander abgewogen.
Art. 5 GG, der die Meinung und Pressefreiheit garantiert lautet:
- (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
- (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
- (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Auf den ersten Blick scheint es zunächst so zu sein, dass in Abs. 1 ein großes Recht garantiert wird, das nach Abs. 2 aber sofort wieder erheblich eingeschränkt werden kann.
Problem der Einschränkung der Meinungsfreiheit durch einfache Gesetze
- Lüth Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
Das Problem der Einschränkung der Meinungsfreiheit durch einfache Gesetze hat das Bundesverfassungsgericht früh erkannt und in einem seiner ersten Entscheidungen grundsätzlich geklärt. Hintergrund der sogenannten Lüth Entscheidung 1 BvG 400/51 vom 15.01.1958 war ein Boykottaufruf gegen den Nazihetzer Veit Harlan (Regisseur des Filmes „Jud Süß“). Dieser hatte gegen den Hamburger Regierungsdirektor Lüth geklagt, weil dieser dazu aufgerufen hatte, einen neuen Film von ihm zu boykottieren. Ein Boykottaufruf wird regelmäßig von der Rechtsprechung als eine sogenannte vorsätzliche sittenwidrige Schädigung behandelt. Das Hamburger Landgericht und Oberlandesgericht haben daher Art. 5 GG wie folgt geprüft: Es hat zunächst einige grundlegende Ausführungen zur Bedeutung der Meinungs-freiheit gemacht und dabei ausgeführt:
„Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt und für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist“ Das Problem der Einschränkung der Grundrechte durch einfache Gesetze hat das Bundes-verfassungsgericht wie folgt gelöst:
„Die allgemeinen Gesetze müssen in ihrer das Grundrecht beschränkenden Wirkung ihrerseits im Lichte der Bedeutung dieses Grundrechts gesehen und so interpretiert werden, daß der besondere Wertgehalt dieses Rechts, der in der freiheitlichen Demokratie zu einer grundsätzlichen Vermutung für die Freiheit der Rede in allen Bereichen, namentlich aber im öffentlichen Leben, führen muß, auf jeden Fall gewahrt bleibt. Die gegenseitige Beziehung zwischen Grundrecht und "allgemeinem Gesetz" ist also nicht als einseitige Beschränkung der Geltungskraft des Grundrechts durch die "allgemeinen Gesetze" aufzufassen; es findet vielmehr eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, daß die "allgemeinen Gesetze" zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Schranken setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlichen demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen.“ Seit dieser Zeit leben wir also damit, dass Gesetze, welche die Meinungsfreiheit einschränken, im Lichte der Meinungsfreiheit interpretiert werden müssen. Man kann sehen, dass logisch gesehen hier ein erhebliches Maß an Voluntarismus entsteht. Denn wie die einfachen Gesetze im Lichte der Meinungsfreiheit zu interpretieren sind, ist letztlich auch den Gerichten überlassen. Das Persönlichkeitsrecht Art 2. Abs. 1 GG:
„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“ Durch die Rechtsprechung ist entwickelt, dass das Persönlichkeitsrecht auch zivilrechtlich geschützt ist. Allerdings gibt das Persönlichkeitsrecht nie einen Anspruch darauf, dass andere einen so sehen, wie man selbst gesehen werden will. Oder wie die Gerichte sagen:
„Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt“
Auch hier also steht immer eine Abwägung im Raum, deren Grundsätze nicht gesetzlich festgeschrieben sind.
Unsicherheit durch Abwägung
Wenn sowohl die Grenzen der Meinungsfreiheit als auch der Umfang des Schutzes des Persönlichkeitsrechtes jeweils durch Abwägungen im Einzelfall zu bestimmen sind, droht natürlich eine große Rechtsunsicherheit. Diese besteht tatsächlich, weil durchaus davon ausgegangen werden kann, dass ein und derselbe Fall in verschiedenen Gerichten unterschiedlich entschieden werden kann.
Urteile gegen die Meinungsfreiheit
Urteile für die Meinungsfreiheit
- Urteil Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 177 B/91 vom 05.03.1992 zur Meinungsfreiheit:
- „Das Recht des Bürgers, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen zu kritisieren, gehört zum Kernbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit. Es ist deshalb mit der grundlegenden Bedeutung der Meinungsfreiheit als Voraussetzung eines freien und offenen politischen Prozesses unvereinbar, die Zulässigkeit einer kritischen Äußerung im Wesentlichen danach zu beurteilen, ob die kritisierte Maßnahme der öffentlichen Gewalt rechtmäßig oder rechtswidrig war. Andernfalls wäre das von Artikel 5, Absatz 1, Satz 1 Grundgesetz gewährleistete Recht, die geltenden Gesetze einer moralischen oder politischen Kritik zu unterziehen und auf deren Änderung hinzuwirken, nicht mehr ausreichend gesichert".